Das Heysel-Viertel und seine kleinen Geheimnisse

02 November 2022
Blick auf das Heysel-Plateau vom Atomium aus, (c) Jean-Paul Rémy, visit.brussels

Das Heysel-Viertel, das vor allem als Schauplatz großer Sport- und Kulturveranstaltungen bekannt ist, hat noch zahlreiche weitere Asse im Ärmel. Sei es das unermüdlich glänzende Atomium oder sein buntes Repertoire an Veranstaltungen, das von Fußballspielen über Sportereignisse bis hin zu Ausstellungen oder Messen reicht. Hier können Sie ein wenig dem Alltag und der Enge Stadt entfliehen. Tatsächlich gibt viele gute Gründe, dieses Viertel einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.

An dieser Stelle verraten wir Ihnen die kleinen Geheimnisse des Heysel-Viertels – von der Vergangenheit bis in die Gegenwart – und stellen Ihnen fünf Sehenswürdigkeiten vor, die das Heysel-Plateau hier im Brüsseler Norden prägen und schmücken: das Freilichttheater, das König-Baudouin-Stadion, den Grand Palais, das Planetarium und den Pavillon der USA.

Das Freilichttheater im Parc d’Osseghem

Nach dem Besuch des Atomiums bietet sich der benachbarte Parc d'Osseghem als beschauliche grüne Oase für eine kleine Pause an. Die Grünfläche, die sich zwischen dem Atomium und dem weitläufigen Parc de Laeken befindet, wurde im Rahmen der Weltausstellung 1935 angelegt. Seinerzeit war das Heysel-Plateau ein großes, von König Leopold II. durch verschiedene Grundstückkäufe und Enteignungen zusammengelegtes und kaum bebautes Gebiet. Nachdem das Heysel-Plateau als Schauplatz der Weltausstellung ausgewählt wurde, nahm seine Entwicklung rasch an Fahrt auf, was einen grundlegenden strukturellen Wandel bewirkte.

Der kleine, waldähnliche Park wurde mit zahlreichen Buchen bepflanzt, die bis heute seinen Charakter prägen. Ansonsten ist der Park im Stile der englischen Gärten gehalten, der neben einem kleinen Teich, der von einer nah gelegenen Quelle gespeist wird, auch ein Freilichttheater umfasst, dessen Ränge Platz für 3000 Zuschauer bieten. Hier im Freilichttheater fand im Rahmen der Weltausstellung eine Reihe von Veranstaltungen statt, darunter Paraden, Theateraufführungen, Konzerte und Sportwettkämpfe.

Auch heute noch finden hier immer wieder Großveranstaltungen statt, darunter das Jazz- und Folkmusikfestival Brosella

Das Freilichttheater bei einer Veranstaltung, © Shamrockraver Photography

     

     

Vom “Stade du Centenaire” zum "Stade Roi Baudouin"

Heute ist das Brüssel Fußballstadion gemeinhin unter dem Namen Stade Roi Baudouin (dt. König-Baudouin-Stadion) bekannt und wird regelmäßig Schauplatz von Sport- und Kulturveranstaltungen – insbesondere von großen Konzerten mit belgischen oder internationalen Stars.

Wussten Sie, dass das heutige König-Baudouin-Stadion, Baujahr 1930, zunächst "Stade du Centenaire" (dt. Hundertjahrfeier-Stadion, in Anspielung an die belgische Unabhängigkeit von den Niederlanden im Jahr 1830) hieß? Tatsächlich war dieses Stadion das erste Bauwerk, das auf dem Heysel-Gelände errichtet wurde. Eingeweiht wurde es im September 1930 mit einem Fußballspiel zwischen Belgien und den Niederlanden – ganz offensichtlich ist man weder in Belgien noch in den Niederlanden nachtragend! Ursprünglich sollte die Weltausstellung bereits 1930 in Brüssel stattfinden, um den hundertsten Jahrestag der belgischen Unabhängigkeit zu feiern. Daraus wurde nichts, und so fand die Ausstellung erst fünf Jahre später in Brüssel statt.

Das alte Heysel-Stadion, © AVB

     

     

Der "Grand Palais"... das "Atomium” von 1935

 

Das Antlitz des Geländes wäre ohne die riesigen "Heysel-Paläste" nicht daselbe. Hier finden bis heute regelmäßig spektakuläre Großveranstaltungen wie Messen und Ausstellungen statt.

Der "Grand Palais", einst flankiert von 11 weiteren Palästen – von denen heute nur noch 5 erhalten sind –, wurde eigens für die Weltausstellung 1935 errichtet. Er war für die Weltausstellung 1935 das, was das Atomium für die Ausgabe 1958 war. Als symbolträchtiges Gebäude, das auf fast allen Werbeplakaten der Veranstaltung zu sehen war, ist er in die Geschichte eingegangen. Die Beziehung beider Gebäude war zu Beginn der Bauarbeiten für das Atomium zunächst ein wenig konfliktreich: Das Atomium, das auf halbem Weg zum Boulevard du Centenaire errichtet wurde, verstellte den Blick auf die hoch aufragende Fassade des Grand Palais.

 

Der Grand Palais am Heysel, (c) Jean-Paul Rémy, visit.brussels

     

     

Wissenschaft anno 1935

Das Heysel-Plateau ist vor allem als Schauplatz der Brüsseler Weltausstellungen in die Geschichte eingegangen... Kaum überraschend also, dass auch das Planetarium im Zuge dieser historisch bedeutsamen Veranstaltung entstanden ist. Dieses Mal geht es um die Ausgabe des Jahres 1935. Das heutige Planetarium ist der Nachfolger des historischen Bauwerks, das Teil des Wissenschaftspalasts "Palais de la Science" war. Das 1968 abgerissene Gebäude wurde einige Jahre später auf Betreiben des belgischen Staates hin neu errichtet, wobei die Einrichtung an das Königliche Observatorium von Belgien angegliedert wurde, als dessen "Schaufenster" und Museum das Planetarium bis heute fungiert. Das Himmelsgewölbe wurde dem des Gebäudes von 1935 nachempfunden und der Projektor von 1935 ist bis heute in Betrieb! Die Informationen und Projektionen fesseln unverändert kleine und große Sternengucker.

Das Innere des Planetariums, © planetarium.be

     

Der Pavillon der USA

Die USA, die bei der Weltausstellung 1935 nicht vertreten waren, wollten dies bei der Ausgabe 1958 unbedingt nachholen. Ihr kreisrunder Pavillon, das sogenannte "Théâtre américain" (dt. Amerikanisches Theater), beeindruckte nicht wenige Besucher, denn ursprünglich hatte er die gigantischen Ausmaße des Kolosseums in Rom. Eingerahmt wurde er von zwei weiteren, kleineren Gebäuden: einem Theater und dem Circarama, einem Kino mit 360-Grad-Leinwand. Das fast überdimensionale kreisförmige Bauwerk war Ausdruck des unbeirrbaren Zukunftsglaubens dieses hochdynamischen Landes und umfasste unter anderem Veranstaltungs- und Aufnahmeräume für Radio und Farbfernsehen, das damals noch in den Kinderschuhen steckte! Die teilweise erhaltene Anlage wird heute übrigens von dem flämischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender BRT (heute VRT) genutzt.

Wussten Sie, dass die Statue "The Whirling Ear" von Alexander Calder, die seit dem Jahr 2000 den Mont des Arts schmückt, ursprünglich die Esplanade vor dem amerikanischen Pavillon zierte?